Nah am Wasser gebaut

Die geomorphologische „Brille“ ist ein elementares Werkzeug bei der Arbeit im Gelände, denn Auffälligkeiten können ein Zeugnis menschlicher Aktivitäten sein.

Dies gilt auch für einen kleinen Hügel mitten im Tal der Weschnitz im Vorderen Odenwald. Natürliche Prozesse kommen für seine Formung kaum infrage, weshalb er schon früh die Aufmerksamkeit der AG Altbergbau Odenwald im Verein Altbergbau Bergstraße-Odenwald e.V. erweckte.

Ein grasbewachsener Hügel liegt in einem kleinen Tal

Bei einer Begehung konnten an der Oberfläche schnell Schlackenreste gefunden werden, ein Beleg für die Verarbeitung von Erzen. Wann die Verhüttung hier stattfand ist allerdings nicht genau bekannt. Deshalb wurde der Aufbau des Hügels im Rahmen eines Geländepraktikums der Geoarchäologie untersucht und Probenmaterial für weitere Analysen gewonnen.

Der Lehrauftrag - Expertenwissen aus erster Hand

Lehraufträge sind ein probates Mittel, das universitäre Lehrangebot durch externes Expertenwissen - oft auch mit regionaler Expertise - sinnvoll zu ergänzen. Im  Sommersemester 2024 konnten die Studierenden so im Rahmen des Geländepraktikums „Montanlandschaften erkennen und verstehen -  eine Einführung in die Montanarchäologie“ konntenvon Herrn Dipl.-Geol. Jochen Babist als Lehrbeauftragtem aus erster Hand in die Grundlagen der Erzlagerstättenbildung im Odenwald und des mittelalterlichen Bergbaus eingeführt werden. Neben der Befahrung der Grube Marie in der Kohlbach ein Weinheim-Hohensachsen war auch eine Geländeaufnahme der anthropogenen Gemorphologie im einem früheren Erzabbaufeld verbunden. Es schlossen sich die Arbeiten am „Schmelzbuckel“ an.
 

Vorbereitend zur Untersuchung eines potenziellen archäologischen Fundplatzes erfolgte neben der Genehmigung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde die Recherche des Wissensstandes zu dessen Umgebung - beispielhaft für geoarchäologische Feldarbeiten im Allgemeinen. 

Besuchergruppe mit gelben Schutzhelmen in einem Bergbaustollen

Methoden

Bei den Untersuchungen setzten wir die Methoden der geoelektrischen Widerstandstomographie (Geoelektrik) sowie die Rammkernsondierung ein. 

Dank der aktiven Mitwirkung der AG Altbergbau Odenwald bei den Feldarbeiten konnten in den zwei Geländetagen insgesamt 17 m Rammkerne geborgen und drei Geoelektrik-Profile ausgelegt werden, dazu kam die Einmessung aller Punkte mit dem GNSS, um die Profile später in einem Geoinformationssystem (QGIS) verorten zu können - ein wichtiger Aspekt für die spätere archäologische Dokumentation.

Drei Männer arbeiten mit einem Motorhammer

Ergebnisse

Die geoelektrische Tomographie in Kombination mit den Rammkernsondagen ermöglicht ganz neue Einblicke in den Untergrund. So wird deutlich, dass der Hügel aus bis zu 3,5 m gröberen Materials besteht, das sich in höheren Widerstandswerten ausdrückt. Außerdem sind deutliche Inhomogenitäten erkennbar, die möglicherweise Mauerreste darstellen.

Mit Hilfe der Rammkernsondierungen können diese Befunde noch konkretisiert werden. Holzkohlereste werden bei der weiteren Bearbeitung möglicherweise die Datierung der Hüttenaktivität ermöglichen. Die Sedimentschichten sollen bald im Labor auf ihren Elementgehalt, insbesondere auf die Reste der Eisenerzverhüttung untersucht werden.

Ein geoelektrisches Untergrundprofil zeigt Stellen, an denen Mauerrest im Untergrund zu finden sein könnten

Ausblick

Neben den Resten der mittelalterlichen Eisenverhüttung wurde mit den Sondagen auch die holozäne Talfüllung erfasst, die mit mehreren Metern unerwartet mächtig ist. Sie kann möglicherweise Hinweise auf die mittelalterliche Landschaftsdynamik geben, denn mit der Verhüttung war oft auch ein Raubbau an den umgebenden Wäldern verbunden, in denen Holzkohle gewonnen wurde. In der Folge kam es in den umgebenden Landschaften zu verstärkter Bodenerosion, weshalb sich in den Talungen mächtige Kolluvien ablagerten.